Wien, Oktober 2019: In einem inoffiziellen Lauf absolviert Eliud Kipchoge die Marathon-Distanz innerhalb von nur 1:59:40. Damit läuft der Kenianer die 42,195 km erstmals unter der kritischen Zwei-Stunden-Marke und erreicht das Ziel in einer Zeit, die bisher kaum für möglich gehalten wurde. Grund ist ein neuer, stark umstrittener Superschuh von Nike – der Air Zoom Alphafly NEXT%.

Über Jahre wurde an ihm getüftelt, Entwürfe wurden verworfen und immer weiter und weiter optimiert. Bahnbrechende Rekorde und nie dagewesene Bestzeiten waren das klare Ziel der Entwickler. „Unsere Mission lautet, den Sportlern zu besseren Ergebnissen zu verhelfen“, erklärt Nike Chef-Designer John Hoke. Seinen großen Auftritt soll der Alphafly eigentlich in Tokio haben. Als Höhepunkt des gesamten Events findet am letzten Abend der Olympischen Spiele traditionell der Marathon statt. Millionen von Menschen sollen – insofern die Olympiade überhaupt stattfinden wird – live vor ihren Fernsehern mitfiebern, wie die Langstreckenläufer dank des innovativen Alphaflys noch schneller als je zuvor ins Ziel gelangen und Geschichte schreiben. Kleiner Nebeneffekt: Klingende Kassen für den US-amerikanischen Sportartikelhersteller.
Ob die Athleten mit dem Alphafly überhaupt bei Wettkämpfen antreten dürfen, war lange Zeit unklar. Wie Studien beweisen konnten, läuft man mit dem Alphafly im direkten Vergleich zu einem herkömmlichen Laufschuh etwa 4 bis 5 Prozent schneller. Zwei ultra-reaktionsfreudige Luftkammern im Vorderfußbereich und eine innovative Kohlefaserplatte wirken wie eine Sprungfeder. Eingebettet sind diese innovativen Features in einer 39,5 mm starken Sohle. Aber erst seit Januar sind Sohlen mit einer Stärke von 40 mm zugelassen. Kann das Zufall sein? Ja, sagen zumindest die Offiziellen des Leichtathletik-Weltverbandes, die damit jegliche Einflussnahme des Großkonzerns abstreiten.

Nicht wenige Kritiker bemängeln die dicke Sohle, einige sprechen sogar von Doping. Nike hingegen streitet diese Vorwürfe ganz klar ab. „Die Dämpfung des Alphafly sorgt dafür, dass die Athleten Kraft sparen, so dass ihre Muskeln nicht so schnell ermüden,“ so John Hoke. Doping sei nur, wenn dem Körper tatsächlich Energie zugeführt würde. Wie ist es jedoch zu deuten, wenn der Körper dank eines technischen so perfektionierten Hilfsmittels an einer Stelle Energie spart, die er an anderer Stelle effizient nutzen kann?