Mythos: Zu viel Eiweiß schadet den Nieren
„Zu viel Eiweiß schadet den Nieren“. Unter all den Mythen in der Fitness- und Ernährungswelt hält sich der Zusammenhang zwischen Proteinen und der Nierengesundheit besonders hartnäckig. Warum ist das so?
Der Mythos entstand, da in Studien eine Korrelation zwischen eiweißreicher Ernährung und der Nierenfunktion festgestellt wurde. Da es in der Medizin häufig zu pauschalen Aussagen kommt, führten diese Studien zu der allgemeinen Aussage, Eiweiß würde die Nieren schädigen. Alles über einen Kamm zu scheren, ist jedoch so gut wie immer falsch und zugleich sehr unwissenschaftlich. Wir wollen es jetzt genau wissen!
Um den Zusammenhang ein bisschen besser zu verstehen, müssen zunächst folgende Fragen geklärt werden: Was passiert mit unserem Stoffwechsel, wenn wir Eiweiß zuführen und welche Funktion hat die Niere?
Hierzu ein kleiner Exkurs in die Stoffwechselprozesse von Proteinen. Proteine bestehen aus Aminosäuren, welche im Stoffwechselprozess abgebaut werden. Dabei werden zunächst Aminogruppen abgespalten, wodurch das Zellgift Ammoniak entsteht. Damit das Zellgift vom Körper entsorgt werden kann, wird es in der Leber zu ungiftigem Harnstoff verwandelt. Die Nieren sind letztendlich für die Filterung und Reinigung unseres Blutes verantwortlich. Abfallstoffe wie z.B. Harnstoff werden also aus dem Blut herausgefiltert und über den Urin ausgeschieden.
Es stimmt also, dass eine Korrelation vorhanden ist – je mehr Eiweiß dem Körper zugeführt wird, desto mehr Arbeit müssen Leber und Nieren leisten. Studien wie z.B. „Dietary protein intake and renal function“ zeigen jedoch, dass eine sehr eiweißreiche Ernährung zwar eine erhöhte Nierenfunktion zur Folge hat, diese aber als natürliche Anpassungsreaktion einer gesunden Niere anzusehen ist und somit keine negativen Auswirkungen hat. Menschen mit einer bereits existierenden Nierenkrankheit, sollten allerdings eine enorm hohe Eiweißaufnahme vermeiden oder ggf. zunächst mit dem Arzt besprechen, da diese tatsächlich zu gesundheitlichen Problemen führen könnte. Dies wird in der Studie „Controversies Surrounding High-Protein Diet Intake: Satiating Effect and Kidney and Bone Health“ deutlich.
Also nochmal: Nein, zu viel Eiweiß führt bei gesunden Menschen NICHT zu Nierenschäden! Trotzdem sollte man immer ausreichend Flüssigkeit trinken, um die Niere beim Ausscheiden des entstehenden Harnstoffs zu unterstützen.
Dass zu viel Protein im Allgemeinen gesundheitliche Nachteile mit sich bringt, dafür fehlen die wissenschaftlichen Nachweise. Aus diesem Grund gibt es keine offizielle Obergrenze für die Eiweißzufuhr. Dennoch empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Erwachsenen, die tägliche Proteinzufuhr auf das Doppelte der Zufuhrempfehlung zu beschränken – also maximal knapp 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht! Ein zu hoher, längerfristiger Verzehr einzelner Aminosäuren kann außerdem in Einzelfällen zu Nebenwirkungen wie z.B. Übelkeit führen. Zudem kann eine übermäßige Aufnahme einzelner Aminosäuren möglicherweise zu einer erhöhten Calciumausscheidung führen, was wiederum im Falle einer zu geringen Calciumaufnahme durch die Nahrung bedenklich werden kann.