Wenn der Drang nach Bewegung zur Sucht wird
Ein ganzer Tag ohne Sport. Für die meisten von uns ist das nichts Ungewöhnliches, schließlich braucht unser Körper neben ausreichend körperlicher Aktivität wichtige Pausen zur Regeneration. Für andere jedoch ist ein Tag ohne Bewegung undenkbar. Sie leiden darunter, nicht joggen oder schwimmen gewesen zu sein, haben richtige Schuldgefühle und Depressionen. Um die versäumte Session zu kompensieren muss morgen dafür umso länger und härter trainiert werden. Soziale Kontakte werden hintenangestellt, Verletzungen komplett ignoriert.
Angetrieben davon immer besser, schneller und stärker zu werden, ist der Bewegungsdrang der Betroffenen kaum zu stoppen. Exzessives Sporttreiben, umgangssprachlich auch als Sportsucht bezeichnet, ist eine ernstzunehmende psychische Störung, bei welcher der Drang nach intensivem Training primär nicht mit Wettkampfambitionen zusammenhängt. Sportsüchtige stehen vielmehr im ständigen Wettkampf mit sich selbst und ihrem Körper.
Schätzungen zufolge betreiben etwa ein Prozent der deutschen Bevölkerung exzessiven Sport. Das Verlangen, ein bestimmtes Figurideal durch übertriebenes Training zu erreichen, geht oft mit einer zusätzlichen Essstörung eher. Vorgelebt durch die sozialen Medien entsteht das innere Verlangen sich immer mehr zu optimieren, seine Muskeln stärker herauszuarbeiten und schlanker zu sein. Dazu muss die Kalorienzufuhr so strikt eingehalten und reduziert werden, dass die Gesundheit zusätzlich enorm in Mitleidenschaft gezogen wird.
Wie sich eine Sportsucht entwickelt, ist individuell ganz unterschiedlich. Die körpereigene Hormonproduktion bildet einen der Faktoren. Der als Runner’s High bezeichnete Zustand, in dem unser Körper bei langen Ausdauereinheiten vermehrt Endorphine ausschüttet, versetzt einige Athleten in solch extreme Rauschzustände, dass sie diesen Kick immer wieder und wieder haben wollen, um glücklich zu sein. Andere kompensieren ihre Misserfolge aus ganz anderen Lebensbereichen mit mehr Training. Der Sport schenkt ihnen Selbstbewusstsein und Anerkennung, die sie sonst nicht haben. Erst die völlige körperliche Erschöpfung wird als Erfolgserlebnis gewertet.
Wer selbst ähnliche der hier genannten Verhaltensweisen feststellt, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen. Eine dauerhafte Überbelastung des Körpers schwächt das Immunsystem und schädigt Gelenke, Knochen und Sehen, sodass irgendwann gar kein Sport mehr möglich ist.